Wien: Leiter der BVT-Razzia erhielt Mail von Gottfried Küssel
Stadl-Paura/OÖ: Die blauen Fetzen fliegen
Wien: Prominenter Covid-Schwurbler Bhakdi bei der FPÖ in Wien
Ö/D: Offener Brief von 140 Wissenschafter*innen – Warnung vor FPÖ und AfD
Wien: Leiter der BVT-Razzia erhielt Mail von Gottfried Küssel
In dem skandalösen Fall der unter Innenminister Kickl angeordneten Hausdurchsuchung beim „Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung“ (BVT) im Februar 2018 ist ein brisantes Detail ans Licht gekommen. Kurzer Rückblick: Bei der Razzia war der Ausdruck einer E‑Mail verschwunden, in der Österreichs bekanntester Neonazi Gottfried Küssel jemandem mit offizieller Polizeiadresse in ein „Lokal“ namens „Reich“ (vermutlich Küssels Kellerraum im zweiten Bezirk) einlud. Dies hatte Sibylle G., die ehemalige Leiterin des Extremismusreferats im BVT, im parlamentarischen Untersuchungsausschuss am 10.4. bekannt gegeben (siehe ausführlich: stopptdierechten.at, 12.4.24).
Der „Standard“ hat nun, auf der Grundlage eines vorläufigen Protokolls von G.s Aussagen, enthüllt, dass es sich bei dem Empfänger der Neonazi-Mail tatsächlich um den Leiter der Razzia handeln dürfte: Polizeioberst Wolfgang Preiszler.
So habe sich auf G.s Schreibtisch der Ausdruck einer E‑Mail gefunden, in der Küssel einige Personen zu einer Veranstaltung eingeladen habe. Auf diesem Verteiler habe sich auch Preiszler befunden. „Wie ich erfahren habe, wer der operative Einsatzleiter bei der Hausdurchsuchung ist, habe ich meinem Vorgesetzten, der neben mir gestanden ist, noch gesagt: Ich bin neugierig, ob sie auch den Mailausdruck von Gottfried Küssel finden“, sagte G. vor dem U‑Ausschuss. Als sie später ihr Büro aufgeräumt habe, sei das Dokument nicht mehr da gewesen, erklärte G. später. (derstandard.at, 19.4.24)
Preiszler hat bisher keine Stellung dazu bezogen, in welchem Verhältnis er zu Küssel steht. Dass ausgerechnet Preiszlers Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität (EGS) die Razzia durchführte, hatte in Medien und bei der Opposition bereits damals zu dem Verdacht geführt, dass bewusst eine Einheit mit Nähe zur FPÖ ausgewählt worden war. Und die ist bei Preiszler eindeutig gegeben: Er war zum Zeitpunkt der Razzia FPÖ-Gemeinderat in Guntramsdorf.
Der Standard-Journalist Markus Sulzbacher hat nun beim Innenministerium nachgefragt und eine erstaunliche Antwort erhalten.
Auf Anfrage, ob dieser Kontakt [Preizler-Küssel, Anmk. SdR] bekannt sei und wie das bewertet werde, heißt es in einer Stellungnahme lapidar: „Sofern dem Verfassungsschutz strafrechtlich relevante Sachverhalte bekannt werden, werden diese umgehend bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht.” Zum Adressaten der E‑Mail gibt es keine Auskunft. Man bittet „um Verständnis, dass zu konkreten Personen aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Aussagen getätigt werden können”. (derstandard.at, 25.4.24)
Der Adressat ist bekannt, dazu muss das Innenministerium keine Aussagen mehr tätigen. Dass jedoch etwaige Kontakte von Polizeibeamten in die Neonazi-Szene nicht an eine strafrechtliche Relevanz geknüpft sein dürften, müsste selbstverständlich sein – zumindest in einem demokratischen Staat.
Stadl-Paura/OÖ: Die blauen Fetzen fliegen
In Stadl-Paura kracht es in der rechten Lokalpolitik. Bürgermeister Christian Popp, der 2021 mit der „Liste Popp“ angetreten ist und gewählt wurde, hat genug von der FPÖ und insbesondere von Herbert Kickl und ist ausgetreten – seinem Geburtstag, betonte Popp: „Ich habe am 8. April, meinem Geburtstag, die Mitgliedschaft bei der FPÖ aufgekündigt. Der Parteiaustritt hat sich angefühlt wie ein Befreiungsschlag.” (nachrichten.at, 15.4.24) Damit ist der FPÖ einer von 15 freiheitlichen Bürgermeistern in Oberösterreich abhanden gekommen.
Gemeinderat Slobo Pupeter gründete eine neue FPÖ-Ortspartei und soll nun, da er formal noch der Liste Popp angehört, bei der nächsten Gemeinderatssitzung aus sämtlichen Ausschüssen geschmissen werden. Für eine Fortsetzung des Konflikts ist also gesorgt.
Wien: Prominenter Covid-Schwurbler Bhakdi bei der FPÖ in Wien
Am 12.4. hatte die FPÖ zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Zurück zur Normalität“ ins Wiener Arcotel Wimberger eingeladen. Stargast war der Verschwörungsideologe und Mediziner Sucharit Bhakdi. Was dieser Agitator vor seinen blauen Fans an Wahn von sich gegeben hat, lässt sich in einer „Falter“-Recherche nachlesen:
Die Pockenimpfung hat nie gewirkt. Die globale Gesundheitsdiktatur ist nicht erst seit gestern, sondern seit hundert Jahren in Planung. Gegen Virenerkrankungen kann man nicht impfen. Und „die ganze Poliogeschichte“, also die Bekämpfung der Kinderlähmung durch eine Impfung, ist „wahrscheinlich eine Riesenlüge“. (falter.at, 18.4.24)
Mit Bhakdi auf dem Podium sprach der FPÖ-Politiker Gerald Hauser, der seit der Pandemie auf blaues Querdenkertum und Verschwörungsideologie gepolt ist. Auch FPÖ-Chef Kickl selbst gab sich die Ehre als Redner. In einer FPÖ-Presseaussendung (12.4.24) halluzinierte er die Veranstaltung als „als starke Botschaft an dunkle und finstere Mächte in diesem Land“ und er bezeichnete Bhakdi gar als eine „Lichtgestalt“.
Im Jahr 2021 erging sich Bhakdi noch öffentlich in ganz offenem Antisemitismus: „Das ist das Schlimme an den Juden: Sie lernen gut. Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt — und umgesetzt. Deshalb ist Israel jetzt living hell — die lebende Hölle.“ (zit. nach tagesschau.de, 14.7.21).
Beim FPÖ-Event in Wien kam der Agitator ohne direkten Verweis auf Juden und Jüdinnen aus, sondern bediente den apokalyptischen Wahn von der Weltverschwörung im Querdenker*innen-Jargon:
Die mRNA-Impfungen seien ein „satanisches Programm, das Millionen Menschen geschädigt und verstümmelt hat“, sagte er. Die WHO setze auf diese Technologie und bedrohe damit die Menschheit. „Sie bedrohen Sie und ihre Liebsten – und die österreichische Einheitsregierung beabsichtigt, die WHO tatkräftig zu unterstützen“. „Buuuuuhhhh!“, tönte es daraufhin aus dem Saal. (derstandard.at, 12.4.24)
Bhakdi nannte Kickl einen „einen persönlichen, guten Freund“ (ebd.) und rief auch dazu auf, ihn zu wählen.
Ö/D: Offener Brief von 140 Wissenschafter*innen – Warnung vor FPÖ und AfD
Angesichts der bevorstehenden Wahlen engagieren sich 140 Wissenschafer*innen gegen FPÖ und AfD:
In einem offenen, vom renommierten Kärntner Psychotherapeuten Klaus Ottomeyer initiierten Brief an Wählerinnen und Wähler in Österreich und Deutschland warnen rund 140 Psychologinnen, Psychotherapeuten und Sozialwissenschafter aus beiden Ländern vor einem Erstarken des Rechtsextremismus. (derstandard.at, 17.4.24)
Initiiert wurde der offene Brief von dem Kärntner emerierten Universitätsprofessor Klaus Ottomeyer, der im politischen Feld insbesondere durch seine Publikationen zu Jörg Haider und die daraus resultierenden Auseinandersetzungen bekannt geworden ist.